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Erläuterungen zum Bild „Akire“
28 x 32 cm 31.12.2002
Akire
ist der rückwärts gelesene Vorname
meiner Jugendliebe der Jahre 1949-51. Sie lebte damals in Oppenheim bei ihren Eltern und besuchte wie
ich das Gymnasium, sodass wir uns fast täglich begegneten. Häufig fuhr ich mit
dem Fahrrad („Wanderer“, Halbballon, 1
Gang) von Dexheim, meinem damaligen Wohnort, die 3 km über das 200 m hohe
Farrenberg-Plateau nach Oppenheim, um sie zu sehen, oft vergeblich, da wir (mir
heute unverständlich) selten feste Treffpunkte und Zeiten ausgemacht hatten. Nach meinem Abitur
verloren wir uns aus den Augen, weil jeder, wie zu vermuten ist, seine eigenen
Wege gehen musste, bedingt durch die verschiedenen Studienorte. Zum letzten Mal
sah ich sie im Herbst 1956 mit ihrer Mutter oberhalb des Oppenheimer Friedhofs auf der Straße nach
Dexheim, als ich mit meiner damaligen finnischen Freundin Aili Koistinen, (die
ich im Sommer zuvor während meines 3monatigen
Praktikums, einer geologischen Kartierung für ein Erzbergwerk, in
Outokumpu [Karelien, Finnland] kennengelernt hatte, und die mich nun in Dexheim
besuchte) unterwegs war, um ihr die Oppenheimer Katharinenkirche, die Burgruine
Landskrone und den Rhein zu zeigen.
Im
Frühjahr 2002 erhielt ich Erikas Adresse von einer ihrer Schulkameradinnen und sandte im Mai Glückwünsche zu ihrem mir noch in
Erinnerung gebliebenen Geburtstag. Sie schrieb in ihrer Antwort, sie habe vor einigen Tagen (!) ein Porträt
hervorgeholt und aufgestellt, das ich 1950 auf Pappe (30x42 cm) mit
Temperafarben in einem damals üblichen postexpressionistischen Stil, mit einem
postkartengroßen Porträtfoto als Vorlage, gemalt hatte. Seitdem ist ein Gedankenaustausch
mit Briefen und Karten entstanden, der bis heute anhält.
Die
Gegenstände auf dem Materialbild fand ich am 15.10.2002 im Zusammenhang mit der
Suche nach Resten einer „Fliegenden Festung“, ein 4motoriger US-amerikanischer
B17-Bomber, der am 8.11.1944 nahe der „Königsstuhl“-Anhöhe südlich Lörzweiler
(siehe Erläuterungen zu dem Bild „Hieronymus im Gehäus“) auf einem abgeernteten
Getreidefeld notgelandet war, und zwar mit Hilfe eines Metalldetektors in der
Südostecke eines heute 6 ha großen Ackers. Alle 3 Gegenstände lagen wenige
Meter voneinander entfernt, sodass sich nach dem Fund des „E“s sofort die Idee
einstellte, ein neues Bild über Erika zu machen.
Der
Gegenstand, der auf dem unteren Rahmenteil sitzt, soll ein Idol darstellen,
„mein Idol“ aus der Oppenheimer Schule. Auf Idole, die dem Fundstück in Größe
und Form ähneln, war ich beim Studium der Kykladenkunst gestoßen, die ich
zunächst als Stein- oder Bronze-Repliken während eines Urlaubs auf der
griechischen Insel Santorin im September 1993 kennen lernte. Sie hatten mir
mein bisheriges Weltbild über Skulpturen und Plastiken und deren in der
Kunstliteratur geschilderten Entwicklung ab Jungsteinzeit und Bronzezeit völlig
über den Haufen geworfen, und damit auch das noch in Resten vorhandene
Vertrauen in das Fachwissen von Kunsthistorikern, Kunstkritikern und
Kunstbuchautoren, nachdem man schon zuvor durch die früheren Begutachtungen
über Höhlenmalereien, P. Cézanne, V. v. Gogh, P. Modersohn-Becker u.a. gewarnt
worden war. Musterbeispiel einer Fehleinschätzung durch die maßgeblichen
europäischen Experten ist der Streit um 1800 um die gerade entdeckten
Höhlenmalereien von Altamira (GARCÍA GUINEA, M. A.: Altamira und andere Höhlen
Kantabriens.- 209 S.; (Silex) Bilbao 1979). „>Kleine Scheusale aus
Marmorsplittern<, >hässlich< und >barbarisch<-- so oder ähnlich
abschätzig lautete noch vor Jahrzehnten das Urteil der archäologischen
Fachliteratur über jene seltsamen Idole von den Kykladeninseln, die seit Beginn
des vorigen Jahrhunderts durch Reiseberichte, Abbildungen und mitgebrachte
Originale in Europa bekannt geworden waren. Erst die Kunst des 20.Jahrhunderts
hat uns die Augen geöffnet für die „abstrakte“ Formensprache und künstlerische
Ausdruckskraft dieser rätselhaften Marmorfiguren, deren Entstehung als
Geburtsstunde der abendländischen Plastik bezeichnet werden kann“ (BADISCHES LANDESMUSEUM
KARLSRUH (Hrsg.): Kunst und Kultur der Kykladeninseln im 3.Jahrtausend v.Chr.-
608 S.; (C. F. Müller) Karlsruhe 1976).
Das
über dem Kopf des Idols angebrachte, völlig verroste E, von dem bereits Teile
fehlen, weist auf den Anfangsbuchstaben von Erika hin, die in der Erinnerung
undeutlicher geworden ist, zumal ich bis vor kurzem nur ein unscharfes Foto von
ihr besaß, das von einem halben 6x9-Schwarz/Weiß-Rollfilm stammte, eine
Aufnahme, die ein Freund am 6.10.1949 während der „Kerb“ (Kirmes, Kirchweih)
von uns beiden machte (Die eine Hälfte des Negativs hatte ich abgeschnitten,
weil ich mir auf dem Bild nicht gefiel). Ich selbst besaß damals keine Kamera,
weil der alte Glasplattenapparat meines Vaters während der Besetzung des Nackenheimer
Schulhauses im Frühjahr 1945 von US-Truppen „requiriert“ worden war, und ich
mir wegen der Finanzierung des Studiums -- bis zur Fahrt nach Finnland 1955 --
keine leisten konnte. Doch erhielt ich von Erika 2002 eine Kopie des mir 1949
geschenkten postkartengroßen Porträtfotos, das ich als Vorlage zu dem o.g.
Temperabild benutzt hatte, und das ich damals gelegentlich abends oder nachts
nur unter der Bettdecke mit einer Taschenlampe betrachten konnte, da ich
mit meinem Bruder ein Zimmer teilte, und
ihn das Licht der Nachttischlampe gestört hätte.
Das nach oben abschließende, weiß lackierte , leicht
verbogene und seitlich etwas eingeschnittene Aluminiumblech,
links oben und rechts unten mit je einer roten Ecke versehen, soll den Eindruck einer
„Wolke“ vermitteln, wobei der „Witz“ darin besteht, dass man in seinem
Leben einer Wolke mit roten Ecken wohl nie, wenn man Glück hat, vielleicht
einmal begegnen wird. Mit diesem objet trouvé war die Absicht verbunden, den
Familiennamen vorzustellen, wenn auch mit etwas gewagten Verrenkungen, wobei
festzuhalten gilt, dass es mit Hilfe
anderer Fundstücke vermutlich nie gelungen wäre. Was soll's, wie der Volksmund
oft sagt, als Beistand zitiere ich H. SZEEMANN, den Ausrichter der Kasseler documenta
1972: „Man könnte direkt sagen, dass der geistig-normale Künstler heute zu
vernachlässigen ist, dass seine Produkte obsessions- und saftlos angewandte
Kunst sind, Übungen von Zeichenlehrern, und dass nur der gestörte Künstler, ob
eingesperrt oder nicht, noch Hinweise geben kann über Ichverhalten“ (H.
SZEEMANN: Individuelle Mythologien.- 255 S. (S. 84); (Merve) Berlin 1985).
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