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Erläuterungen zum Bild „Orpheus und Eurydike“
60 x 115 cm 2.3.1990
Dem
zentralen Bild „Santiago: Dein verbrannter Mund“ sollten links „Philipp O me“ und rechts
„Orpheus und Eurydike“ zugeordnet werden. Die Eisenteile stammen von
rheinhessischen Mülldeponien und sind -- wie die verwendeten Objekte aller
Bilder -- unbearbeitet, außer, dass Rost, Asche oder Erde entfernt wurden. Die
Nägel der Eisenbänder beider Bilder waren lose und mussten festgeschweißt
werden.
Das
Thema des Bildes gleicht den Themen der anderen 6 Bilder der Gruppe: Es handelt
sich um nichts anderes als die Verarbeitung der schmerzhaften Auflösung einer
mehrjährigen Verbindung mit Bo, von der schon mehrfach die Rede war. Ins
Einzelne gehende Ereignisse können verständlicherweise hier nicht erörtert
werden. Aus den Daten der Bilder „Der
Verlust“ (2.7.1989) und „Der Rat des Fährmanns“ (30.9.1989) ist zu entnehmen,
dass ich mich schon zu diesen Zeiten auf eine Trennung vorbereitete, weil
bestimmte Bedingungen unerfüllbar schienen. Daran war zu denken: „Die Welt der
Katze ist nicht die Welt des Ameisenbären“ (A. CAMUS: Der Mythos von Sisyphos.-
tb 90, 151 S. (S.20); (Rowohlt) Hamburg 1959).
Wer
das Bild verstehen will, muss sich mit dem griechischen Mythos von Orpheus und
Eurydike befassen. Bei der Flucht vor den Umarmungen des Aristaios, einem
„Bauerngott, Erfinder und Meister der Bienenzucht, Olivenkultur und Herdenhaltung“
(BROCKHAUS ENZYKLOPÄDIE, Wiesbaden 1966) starb
Eurydike, eine Dryade (Waldnymphe) und Frau des Orpheus, an einem
Schlangenbiss. „Orpheus stieg mit seiner göttlichen Leyer durch das Tänarische
Vorgebirge am Lakonischen Meerbusen zur Hölle hinab, und sang und spielte so
beweglich, dass er den Cerberus besänftigte. dass die Furien zum ersten Male
weinten, und Pluto und Proserpina der Eurydice erlaubten, ihm zur Oberwelt zu
folgen, dem Orpheus aber anbefahlen, sich nicht eher nach ihr umzusehen, als
bis er mit ihr auf der Oberwelt angelangt seyn würde. Er sah sich aber zu früh
nach ihr um, und sie ward wieder zurück gezogen“ (K. W. RAMLER: Kurzgefaßte
Mythologie oder Lehre von den fabelhaften Göttern, Halbgöttern und Helden des
Alterthums.- 570 S. (S. 346); (Maurer)
Berlin 1792).
Das
letzte Vierteljahr 1989 und das Jahr 1990 waren geprägt von der
aufkommenden Auflehnung gegen die
Trennung, die mehr und mehr als nicht hinnehmbare Absurdität empfunden wurde: „Diese Auflehnung gibt dem
Leben seinen Wert. Erstreckt sie sich über die ganze Dauer einer Existenz, so
verleiht sie ihr ihre Größe. Für einen Menschen ohne Scheuklappen gibt es kein
schöneres Schauspiel als die Intelligenz im Kampf mit einer ihr überlegenen
Wirklichkeit“ (CAMUS: Sisyphos, S.50). In der erwähnten Zeitspanne wurden
vielerlei Möglichkeiten einer Fortsetzung der Verbindung durchdacht und
durchlebt, der Weg zur „Oberwelt“ schien frei zu sein. Ich setzte mich an
mehreren Stellen für ein berufliches, finanziell und wissenschaftlich
geeignetes Weiterkommen von Bo ein, um auch eine zukünftige Gemeinsamkeit zu
erreichen, doch war der Einsatz -- wie der Mythos lehrt -- vergeblich. Die sich
über Monate hinziehenden außergewöhnlichen Bemühungen um Bo mit dem Ergebnis ,
dass „Eurydike“ wieder in die „Unterwelt“ zurückkehrte, waren Anlass, den
damals als widersinnig erscheinenden (mir heute jedoch erklärbaren), dem alten
griechischen Mythos ähnelnden Lebensabschnitt mit meinen Mitteln der
Bildgestaltung festzuhalten: „Der absurde Mensch kann nur alles ausschöpfen und
sich selber erschöpfen. Das Absurde ist seine äußerste Anspannung, an der er
beständig mit einer unerhörten Anstrengung festhält; denn er weiß: in diesem
Bewusstsein und in dieser Auflehnung bezeugt er Tag für Tag seine einzige
Wahrheit: die Herausforderung“ (CAMUS: Sisyphos.- S. 50).
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