Erläuterungen zum Bild „Sisyphos“

   65 x 80 cm       29.8.1984

Nach dem 2. Weltkrieg schien es notwendig zu sein, sich mit dem Existentialismus und dem Absurden auseinanderzusetzen. Ich stieß dabei im Januar 1960 auf die  im Jahr zuvor  herausgebrachte Abhandlung  von A. CAMUS „Der Mythos von Sisyphos“ (rororo 90, 151 S.; (Rowohlt) Hamburg 1959), noch heute Teil meiner bevorzugten Literatur. Im Verlauf von Krankheiten 2er meiner Kinder (ein Zustand, der neben der Berufsausübung ein 15jähriges Studium medizinischer Fachliteratur zur Folge hatte), wurde ich in den Jahren 1966-81, einer meiner qualvollsten Lebensabschnitte, erneut mit dem Absurden konfrontiert. Auf  der Suche nach einer Formel zu dessen Überwindung stellte ich fest, dass mit Camus' These über „Auflehnung, Freiheit und Leidenschaft“ ein Verhalten gefordert wurde, das ich, durch Abstammung und Erziehung bedingt, zwar praktizierte, mir aber erst durch Camus' Formulierung bewusst geworden war. Obwohl  verunsichert durch eine Äußerung Goethes  vom 27.01.1884 über sein Leben (die ich in Jugendjahren in einem Buch meines Vaters gelesen hatte): „Auch will ich mich nicht beklagen und den Gang meines Lebens nicht schelten. Allein im Grunde ist es nichts anderes als Mühe und Arbeit gewesen, und ich kann wohl sagen, dass ich in meinen fünfundsiebzig Jahren keine vier Wochen eigentliches Behagen gehabt. Es war das ewige Wälzen eines Steins, der immer von neuem gehoben sein wollte“ (J. P. ECKERMANN: Gespräche mit Goethe.- 292 S. (S. 83); (Reclam) Leipzig 1884), besaß ich doch nun eine Bestätigung, dass diese Formel offenbar die richtige war. Eine Art von Übereinstimmung entstand auch dadurch, dass Camus das Manuskript im Alter von 28 Jahren  abgeschlossen hatte (21.9.1941),  und ich 1960 auch 28 Jahre alt war.

Angeregt durch den Fund des zentralen, schwarz und weiß emaillierten, mit „5“ beschrifteten Stahlblechs, das mich an Malewitschs „Schwarzes Quadrat“ erinnerte,  begann ich den Kopf eines Ritters zu gestalten, der um seine Familie kämpft, denn die „magische“ Zahl 5 war mir  (und ist es noch heute) ein passendes Symbol für „Familie“ (für meine und die frühere meiner Eltern). Auch die anderen Eisenteile stammen aus einer inzwischen überdeckten zentralen Mülldeponie Rheinhessens, in der Gemarkung „Pfannenstiel“ östlich von Ülversheim gelegen. Die Deponie besuchte ich damals regelmäßig wegen einiger Aufschlüsse borealer Schwarzerde-Böden und jungsteinzeitlicher Siedlungsreste (Bischheimer Kultur, um 3500-3000 v.Chr.) mit 1-3 m tiefen Vorratskammern in der Umgebung und an Wänden der ehemaligen Löss-Grube. Die beiden Glasaugen erhielt ich  von einem damals befreundeten Objektkünstler (J. Musolf, Braunfels, Tiefenbacher Mühle)), den ich über eine TV-Sendung des Hessischen Rundfunks HR3 kennengelernt hatte.